Lärm in Kita's - ein Gesundheitsproblem für Kinder und Erzieherinnen

Lärm in Kindertageseinrichtungen

2005 - Das "Jahr des Lärms". Die Belastung durch Lärm wird in Kindertageseinrichtungen als Belastungsfaktor Nr.1 genannt. Kinder und Erzieherinnen sind dabei gleichzeitig Verursacher und Betroffene. Lärm ist unerwünschter Schall der belästigt, stört, beeinträchtigt und/oder die Gesundheit schädigt.

Lärm in Kita-Gruppe

Der Lärm in Kindertagesstätten ist ein weitverbreiteter Störfaktor für das Gruppengeschehen und wurde aufgrund fehlender Gefährdungs- und Belastungsanalysen in Kindertagesstätten stark vernachlässigt. Erst Forschungsergebnisse neueren Datums geben Aufschluss über Art und Ausmaß der Auswirkungen von Lärm und erregen entsprechende Aufmerksamkeit. Die Lärmpegel übersteigen vielfach vertretbare Grenzen. Die Ursache liegt häufig in einer schlechten Raumakustik, in der der Schall nichtausreichend absorbiert wird. Dieses ist aber Grundvoraussetzung für eine angemessene sprachliche Kommunikation mit kurzen Nachhallzeiten.

Lärm hat Auswirkungen auf das Lern- und Spielverhalten und die Kognition von Kindern. Er beeinträchtigt die sprachliche Kommunikation sowie Aufmerksamkeits- und Gedächtnisfunktionen. Kinder haben unter solch belastenden Bedingungen Lernschwierigkeiten. Unbestritten ist zudem, dass Lärm die Aggression fördert. In einigen Untersuchungen wurden klare Zusammenhänge zwischen dem Lärmpegel und körperlichen Stressreaktionen nachgewiesen. Der durchschnittlichgemessene Schallpegel in Kindertagesstätten verursacht zwar keine Hörschäden, wirkt sich aber auf Stimmapparat, Konzentration und Aufmerksamkeit eindeutig belastend aus. Die Folge sind fehlerhafte Kommunikation, Störung kognitiver Prozesse und gesteigertes Belastungsempfinden. Lern- und Lehrresultate werden beeinträchtigt.

In Kindertageseinrichtungen erzeugen nicht einzelne Maschinen, sondern viele Menschen die Geräuschemissionen. Es entsteht ein sehr komplexes Schallmuster bedingt durch ungenügende Absorption von Störgeräuschen und durch Anheben der Stimme. Unter solchen Voraussetzungen kommen Raumrückwirkungen besonders negativ zur Geltung. Sie betreffen in akustisch nicht gestalteten Räumen aber nicht gleichartig alle Tonfrequenzen, sie wirken sich in dem für die sprachliche Verständigung wesentlichen Frequenzband von 250 bis 2000Hz wesentlichstärker aus.

Grundsätzlich beeinträchtigt hörbarer Schall durch Überlagerung die Kommunikation. Mit steigendem Schallpegel nimmt die Störung zu. Bei Kindern führt eine Behinderung der Kommunikation und der sprachlichen Orientierung zu einer Störung oder Verzögerung im Spracherwerb, denn Kinder können unvollständig verstandene Wörter weniger leicht ergänzen als Erwachsene. Sie müssen mehr kognitive Kapazität zur Decodierung des Gesprochenen aufwenden. Kommunikationsstörungen führen zu vorzeitiger Ermüdung und mindern die Ressourcen, die für das kurzfristige Behalten und die mentale Verarbeitung der Information zur Verfügung stehen. Außerdem neigen Erwachsene unter Lärm dazu, ein eingeschränktes Vokabular und eine eintönige Sprache zu verwenden. Damit vermindert sich der für den Spracherwerb wichtige Sprachrhythmus und die Betonung. Im Rahmen des Spracherwerbs ist für Kinder eine gute Verständigung aber sehr wichtig.

Tatsächlich finden sich schon bei Kindern vermehrt Hörminderungen. In Deutschland weisen 5 bis 10 Prozent der Kinder schon bei der Einschulung Hörverluste auf.

Möglichkeiten der Lärmprävention

Bautechnische Maßnahmen

Eine raumakustisch gute Ausstattung der Räumlichkeiten in Kindertagesstätten ist Grundvoraussetzung für eine fehlerfreie Informationsübertragung. Sie ist anhand der Nachhallzeit von Schallsignalen und anhand der Sprachverständlichkeit gesprochener Texte beurteilbar.

Das Problem ist bereits erkannt: Der Schall wird in geschlossenen Räumen mit ihren harten Oberflächen nicht schnell genug abgebaut, dass Sprachsignal wird immer wieder reflektiert, während bereits neue Worte gesprochen werden. Der Effekt lässt sich vermeiden, wenn die Nachhallzeit in einem Gruppenraum auf 0,5 Sekunden und weniger beschränkt bleibt. Schallabsorbierende Materialien für den Decken- und Wandbereich sorgen hier für einen wirksamen und schnellen Schallabbau. Als ergänzende Maßnahme können textile Vorhänge zur Erhöhung des Absorptionsgradeseingesetzt werden. Da ihre Dicke gering ist, erstreckt sich die Wirkung vor allem auf hohe Frequenzen. Tiefe Frequenzen können durch einen schweren Vorhangstoff und eine Vergrößerung des Wandabstandsgedämpft werden.

Kostengünstiger als die nachträgliche Sanierung bestehender Gebäude ist selbstverständlich die Berücksichtigung des Schallschutzes vor dem Bau/Umbau.

Organisatorische und pädagogische Maßnahmen

In Seminaren mit Erzieherinnen werden Ursachen von Lärm und mögliche Maßnahmen herausgearbeitet. Dabei stehen solche Maßnahmen im Vordergrund, die in bestehenden Einrichtungen lärmmindernd wirken. Hier ist die Einbeziehung der Kinder oft unerlässlich.

Anregungen für Vorschulkinder zum Thema Lärm finden sich auch unter www.ufu.de (Unabhängiges Institut für Umweltfragen e.V.), z.B. ein Vorlese-Bilderbuch für Kinder und Eltern von Susanne Neyen "Gut das du Ohrenhast, gut das du hörst".

Viele Einrichtungen nutzen die Möglichkeit, mit Lärmampeln oder dem Lärmohr (SoundEar) für Kinder den Lärm pädagogisch sichtbar zu machen.

In vielen Kindertagesstätten besteht ein akustischer Sanierungsbedarf, der nur durch geeignete bautechnische Maßnahmen in Kombination mit pädagogischen Konzepten wirksam realisiert werden kann.

(aus "Sicherheitsforum" 3-2005)