Prävention von Rückenerkrankungen

Besonders aus dem Gesundheitsdienst erreichen uns viele Anträge auf Anerkennung der Berufskrankheit "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten..." (BK 2108).

Gesundheitsdienst

Für die Anerkennung dieser Berufskrankheit muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Schadensbild und der betrieblicher Tätigkeit nachgewiesen werden. Dabei fällt die genaue Abgrenzung einer beruflich bedingten Wirbelsäulenerkrankung zu einer durch altersbedingte Verschleißerscheinungen oder durch Vorerkrankungen erworbenen Wirbelsäulenerkrankung gerade aus medizinischer Sicht oft recht schwer. Zudem ist die Anerkennungsrate dieser BK-Anträge recht niedrig, da in nur wenigen Fällen die berufliche Tätigkeit nachweislich die Ursache der Erkrankung war. Der Prävention im beruflichen Bereich kommt daher eine besondere Bedeutung zu.

Eine Reihe von Vorschriften heben die Verantwortung des Unternehmers zum Wohle der Beschäftigten hervor. Die Unfallverhütungsvorschrift "Allgemeine Vorschriften" (GUV 0.1) fordert bereits im § 2, dass der Unternehmer zur Verhütung von Arbeitsunfällen Einrichtungen, Anordnungen und Maßnahmen zu treffen hat, die den Bestimmungen der Unfallverhütungsvorschriften und im übrigen allgemein anerkannten sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Regeln entsprechen.

Der § 29 der UVV "Gesundheitsdienst" (GUV 8.1) regelt konkret, dass zum Heben und Umlagern von Patienten leicht bedienbare, stand- und fahrsichere Hebevorrichtungen oder sonstige geeignete Hilfsmittel bereitzustellen sind. Die Nichteinhaltung dieser Forderung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit Bußgeld geahndet werden.

Selbst staatliche Vorschriften, wie das Arbeitsschutzgesetz, verpflichten den Arbeitgeber, erforderliche Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Die Lastenhandhabungsverordnung fordert Arbeitgeber auf, geeignete organisatorische Maßnahmen zu treffen oder geeignete Arbeitsmittel einzusetzen, um manuelle Handhabungen von Lasten zu vermeiden. Denn besonders durch Belastungen der Lendenwirbelsäule sind die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten gefährdet.

Hilfsmittel zum Bewegen von Patienten

Es gibt viele Situationen im Laufe des Tages, in denen Patienten von Pflegekräften gelagert, gebettet oder umgesetzt werden. Diese starken körperlichen Belastungen der Pflegekräfte können durch Einsatz von Hilfsmitteln zum Bewegen von Patienten erheblich reduziert werden.

Der Unternehmer muss Hebevorrichtungen und sonstige Hilfsmittel zur Verfügung stellen. Die Mitarbeiter sind aber auch verpflichtet, diese entsprechend anzuwenden.

Alle Hilfsmittel sind über den Fachhandel zu beziehen. Sie werden in der Regel vom Fachhandel bzw. Hersteller auf Anfrage vorgeführt oder auch probeweise zur Verfügung gestellt. Eine ausführliche Unterweisung im Umgang mit den Hilfsmitteln ist wichtig. Nur so wird deren Einsatz durch die Beschäftigten auch akzeptiert.

Ein praxisnaher Standort muss ebenso gewährleistet sein wie die baulichen Voraussetzungen, z.B. ausreichend Platz für den Einsatz z.B. eines Lifters (keine Stufen oder Absätze, ausreichend breite Türen).

Weitere wichtige technische Hilfsmittel sind höhenverstellbare Pflegebetten. Bei elektrisch verstellbaren, wird die Pflegekraft deutlich entlastet. Es entfällt das manuelle Anheben bzw. Senken des Kopfteils.

Pflegebetten müssen leicht schieb- und lenkbar sowie unterfahrbar sein, um die Anwendung von Liftern oder anderen technischen Hilfsmitteln zu ermöglichen.

Neben Liftern verschiedenster Bauart (stationäre, mobile) gibt es als technische Hilfsmittel auch Patientenumbetter (im OP-Bereich), Umsetzhilfen oder Aufrichthilfen, höhenverstellbare Untersuchungs-/Transportliegen, höhenverstellbare Rollstühle und Toilettenstühle, Duschliege- und Duschsitzlifter.

Kleine Hilfsmittel kommen oft dann zum Einsatz, wenn der Patient bereits etwas aktiviert werden konnte. Beispiele hierfür sind Anti-Rutsch-Matten, Bettleitern, Drehscheiben, Rutschbretter, Gleitmatten und Rollbretter.

Rückengerechte Techniken

Beim Bewegen von Patienten steht an erster Stelle immer die Überlegung, wie eine rückenbelastende Tätigkeit ganz oder teilweise zu vermeiden ist. Vor allem die Ausnutzung der vorhandenen Ressourcen der Patienten spielt hier eine wesentliche Rolle. Bei den verschiedenen Pflegehandlungen sind rückengerechte Bewegungsabläufe zu beachten.

Das von der Unfallkasse unterstützte Präventionsprogramm "Rückengerechter Patiententransfer" beinhaltet biomechanisch nachgewiesene günstige Transfertechniken. Hebe- und Tragevorgänge reduzieren sich dadurch erheblich. Es wird auf vertikales Heben verzichtet, Höhenunterschiede intelligent ausgenutzt, Reibung reduziert und auch einfache Hilfsmittel wie Stecklaken oder Müllsäcke geschickt eingesetzt. Die Arbeit wird z.B. durch "Kompaktmachen" des Patienten und günstige Schwerpunktverlagerung erleichtert.

Dieses Programm wurde bereits in einer früheren Ausgabe vom "Sicherheitsforum" erläutert. In einem anderen Artikel berichtete das Klinikum Merseburg über die Erfahrungen beim Umsetzen des Programms.

In den letzten Jahren finanzierte die Unfallkasse die Schulung von 44 sogenannten Instruktoren, die das Programm in ihren jeweiligen Häusern anderen Kollegen in Schulungen vermittelten.

Die Leitungen der Häuser müssen natürlich dahinter stehen und Unterstützung geben, denn die Instruktoren müssen für solche Schulungen freigestellt werden. Dies sind kleine Forderungen gegenüber den Wirkungen. Wenn Rückenschmerzen und auch Krankschreibungen damit vermieden werden, hat dies auch einen sehr hohen betriebswirtschaftlichen Nutzen.

Auch skeptische Mitarbeiter wurden während der Schulungen davon überzeugt, hier etwas Gutes für ihre Gesundheit zu tun. Viele gehen dann auch viel bewusster mit ihrem Rücken um.

Schulungen

Das Programm stößt weiterhin auf großes Interesse bei Mitarbeitern in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Für das Jahr 2002 plant die Unfallkasse eine noch größere Anzahl von Instruktoren auszubilden. Diese sollen intensiv an 3 Tagen in Sachsen-Anhalt geschult werden. Eine Schulung wird voraussichtlich vom 14.-16.05.2002 in Bitterfeld und eine vom 17.-19.09.2002 in Magdeburg oder Haldensleben stattfinden. Zur Absprache können Sie sich mit Frau Richter (Tel.-Nr. 03923 751148) in Verbindung setzen. Günstig wäre eine Teilnahme von 2 Mitarbeitern pro Haus.

Ein neues Angebot ist eine Umsetzungsberatung mit den Häusern, die Instruktoren zur Schulung schicken. Sie können mit einem Refreshertreffen gekoppelt werden.

Die Erfahrungen zeigten, dass ein konsequentes Umsetzen dieses Programms nur möglich ist, wenn die Leitung des Hauses, vor allem die Pflegedienstleitung, volle Unterstützung gibt. Parallel zur Umsetzung auf den Stationen sollten auch die Auszubildenden in den Krankenpflegeschulen mit den neuen Techniken vertraut gemacht werden. Manche Schulen bewerten dies sogar mit Noten.

Alle Instruktoren treffen sich einmal im Jahr zum Erfahrungsaustausch, um weitere Anregungen zu erhalten. Hier werden auch die Techniken nochmals geübt und neue Ideen eingebracht.

Eine Studie an der Martin-Luther-Universität Halle beweist sogar, dass Mitarbeiter, die den Rückengerechten Patiententransfer über ein Jahr hinaus anwenden, eine deutliche Verringerung der Rückenschmerzen zu verzeichnen haben. Ein Beweis für uns, an dieser Stelle weiterzumachen.

(aus "Sicherheitsforum" 4-2001)