Betriebliches Eingliederungsmanagement

gefaltetes Papierschiffchen in orange, mit weißem Schriftzug BEM
gefaltetes Papierschiffchen in orange, mit weißem Schriftzug BEM

Haben Sie ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz: BEM) in Ihrem Unternehmen? Wissen Sie wer Ihr BEM-Ansprechpartner im Haus ist? Wissen Ihre Kollegen bzw. Ihre Mitarbeiter das auch? Im Sozialgesetzbuch IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung) ist verankert, was im Rahmen des BEMs zu leisten ist. Die konkrete Umsetzung liegt jedoch in der Hand der Unternehmen selbst.

BEM und seine gesetzliche Grundlage

Hinter der Abkürzung BEM verbirgt sich der Begriff Betriebliches Eingliederungsmanagement. Das BEM ist ein unternehmensspezifischer Prozess, welcher Beschäftigten angeboten wird, wenn sie innerhalb eines Jahres länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Ziel ist es, die Beschäftigten mit geeigneter und angemessener Unterstützung im Betrieb zu halten und krankheitsbedingte Entlassungen und Behinderungen zu vermeiden.

Unabhängig von der Beschäftigtenzahl sind alle Arbeitgeber dazu verpflichtet, ein BEM ein- und durchzuführen. Vereinzelt lassen sich jedoch Rechtsprechungszitate[1] finden, welche die BEM-Pflicht für Kleinbetriebe ausschließt. Gesetzlich verankert ist das BEM im § 167 Abs. 2 SGB IX. Diese gesetzliche Regelung gilt für ausnahmslos alle Beschäftigen des Unternehmens (ebenso für Beamte, außertarifliche Angestellte, Auszubildende, Praktikanten etc.), unabhängig von einer bereits bestehenden Schwerbehinderung. Es handelt sich für den betroffenen Beschäftigten um einen freiwilligen Prozess, welcher seiner Zustimmung benötigt. Diese Einwilligung kann jedoch zu jeder Zeit widerrufen werden.

Arbeitgeber oder BEM-Beauftragte haben die Möglichkeit, direkt mit einem der möglichen Rehabilitationsträger in Kontakt zu treten. Diese sind nach Antrag verpflichtet innerhalb von 14 Tagen über die Zuständigkeit zu entscheiden. Sofern dies für den zuerst kontaktierten Leistungsträger nicht zutreffen sollte, leitet dieser den Antrag an den dafür zuständigen Leistungsträger weiter. Die Leistungen sollen dem Betroffenen im Idealfall „wie aus einer Hand“ wiedergegeben werden.

Das Betriebliche Eingliederungsmanagement bietet sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern viele Chancen und Möglichkeiten.

Vorteile für Arbeitgeber

In Zeiten des demografischen Wandels und dem aktuell drohenden Fachkräftemangel bietet ein BEM dem Arbeitgeber die Möglichkeit qualifizierte Arbeitskräfte im Unternehmen zu halten und weiterhin zu binden. Durch frühe Interventionen können krankheitsbedingte Fehlzeiten reduziert und dementsprechend können Kosten für Entgeltfortzahlungen eingespart werden. Mit dem Angebot eines BEM-Prozesses schafft der Arbeitgeber sich nicht nur eine rechtssichere Position, er signalisiert seinen Mitarbeitern, dass er seine Fürsorgepflicht wahrnimmt. Mitarbeiter, welche sich umsorgt fühlen, sind nachgewiesen  zufriedener und produktiver. Sie identifizieren sich mit dem Unternehmen und tragen somit zu einem positiven Image des Unternehmens bei.

Vorteile für Arbeitnehmer

Aber nicht nur für den Arbeitgeber lohnt sich das BEM. Auch Arbeitnehmer profitieren von der Unterstützung durch den Arbeitgeber. Dem Arbeitsplatzverlust kann vorgebeugt und der Arbeitsplatz selbst kann an die aktuellen Bedürfnisse des Betroffenen angepasst werden. Mit dem Arbeitnehmer gemeinsam werden mögliche Maßnahmen erarbeitet, um ihm eine Rückkehr an den bisherigen Arbeitsplatz zu ermöglichen. Sollte eine Rückkehr an den bisherigen Arbeitsplatz nicht möglich sein, kann ihm - wenn möglich - ein Alternativarbeitsplatz angeboten werden. Der Schutz und die Förderung seiner Gesundheit stehen bei diesem Prozess im Fokus. Während des gesamten BEM-Prozesses behält der Arbeitnehmer die Möglichkeit, den Prozess zu lenken oder gar zu beenden.

Die Kosten für spezifische Maßnahmen trägt nicht der Betroffene selbst. Unter bestimmten Voraussetzungen trägt diese einer der Rehabilitationsträger (z.B. Unfallversicherungsträger, Krankenkasse, Rentenversicherung, …) oder bei Vorliegen einer Schwerbehinderung das Integrationsamt. Ein oftmals als Vorteil angepriesener Kündigungsschutz für Arbeitnehmer ist nur bedingt richtig. Ein Prozess der BEM erschwert dem Arbeitgeber eine mögliche Kündigung. Diese sollte immer die letzte Maßnahme des Arbeitgebers bleiben. Vorher sollten alle möglichen Maßnahmen ausgeschöpft werden, um beispielweise bei einem gerichtlichen Verfahren zu bestehen. Eine Kündigung ohne einen vorherigen BEM-Prozess wäre aufgrund der Unverhältnismäßigkeit unwirksam.

Vorgehen im BEM

Die konkrete Umsetzung des BEMs ist gesetzlich nicht geregelt. Die jeweiligen Unternehmen sind daher angehalten, ihre eigenen individuellen Lösungen dafür zu finden. Gesetzlich vorgegeben ist jedoch die Möglichkeit - nach Zustimmung des Betroffenen, die Interessenvertretung der Beschäftigten und ggf. die Schwerbehindertenvertretung zum BEM-Prozess hinzuzuziehen. Jede Beteiligung erfolgt ausdrücklich nur mit Zustimmung des Betroffenen. Empfohlen wird die Beteiligung der Werks- oder Betriebsärzte. Sofern es sich um die Überwindung der Arbeitsunfähigkeit und der Vorbeugung erneuter Erkrankung, um Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben handelt, können durch den Arbeitgeber Rehabilitationsträger oder ggf. das Integrationsamt hinzugezogen werden. Nicht zu vergessen ist, dass es sich bei einem BEM-Verfahren um einen ergebnisoffenen Prozess handelt, sodass es nicht zwingend zu einem Ergebnis oder einer konkreten Lösung kommen muss.

Neben zahlreichen Informationsschriften, welche zum Beispiel online auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zu finden sind (www.bmas.de), bieten auch Rehabilitationsträger Beratungen und Schulungen zum Thema BEM an.

[1] Vgl. BAG, 28.06.2007, 6 AZR 750/06 und 24.01.2008, 6 AZR 96/07